Schieflagen bei Lebensversicherern

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Die deutschen Lebensversicherer ächzen unter dem dauerhaft niedrigen Zinsniveau, das es ihnen zunehmend schwerer macht, Garantieversprechen von bis zu vier Prozent aus älteren Verträgen einzuhalten. Ein aktueller Regierungsentwurf befasst sich erstmals konkreter mit der Frage, was passieren soll, wenn Versicherungsunternehmen auf eine Pleite zusteuern.

Das Problem ist nicht neu, doch jetzt treibt es ganz offiziell auch die Bundesregierung um. Die deutschen Lebensversicherer ächzen unter dem dauerhaft niedrigen Zinsniveau, das es ihnen zunehmend schwerer macht, Garantieversprechen von bis zu vier Prozent aus älteren Verträgen einzuhalten. Die Frage ist, was eigentlich geschehen soll, wenn die hohen Garantiezinsen aus der Vergangenheit das Eigenkapital mehrerer Versicherer auf einen Schlag so weit abschmelzen lassen, daß die Unternehmen ins Schlingern kommen.

Die Thematik beschäftigt nun auch das Bundesministerium für Finanzen (BMF), wie aus dem Regierungsentwurf für ein "Risikobegrenzungsgesetz" hervorgeht. Der Entwurf wurde am 3. September 2020 im Fachausschuss des Bundesrats beraten und in der Folgewoche im Bundesrat selbst. Die Sorge ist durchaus berechtigt, immerhin stehen schon jetzt rund 20 Lebensversicherer unter "intensivierter" Aufsicht der BaFin, laut Auskunft der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage. In die intensivierte Aufsicht werden nach Angaben der Regierung Unternehmen einbezogen, bei denen sich aus der jährlichen Prognoserechnung mögliche mittel- und langfristige Schwierigkeiten ergeben.

Das geplante Regelwerk sieht vor, daß den Versicherten Leistungen flächendeckend gekürzt werden können, falls einzelne Lebensversicherer in eine Schieflage geraten. Heikel ist dabei die Finanzierung des Sicherungsfonds Protektor, der im Notfall einspringt, um ein angeschlagenes Versicherungsunternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Das Vermögen von Protektor wird durch jährliche Beiträge der gut 100 Mitgliedsunternehmen aufgebaut und beläuft sich nach Angaben der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die parlamentarische Anfrage auf rund eine Milliarde Euro. Zum Vergleich - das Geldvermögen privater Haushalte in Deutschland in Versicherungen belief sich laut Bundesbank Ende 2018 auf 1.907 Milliarden Euro (!!!)

Zudem hat die Lebensversicherungsbranche per Selbstverpflichtung erklärt, daß sie weitere Finanzmittel bereitstellt, sollte das Geld von Protektor nicht ausreichen. Diese "Selbstverpflichtung" ist auch im Entwurf für ein "Risikobegrenzungsgesetz" vorgesehen. Problematisch ist allerdings, daß es sich laut Entwurf um eine "freiwillige" Selbstverpflichtung handelt, während die denkbaren Einschnitte für die Versicherten bereits seit vielen Jahren im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geregelt sind.

Was bereits gilt
Gemäß § 222 Satz 5 VAG kann die Finanzaufsicht den Übergang sämtlicher Verträge auf Protektor anordnen, um eine Insolvenz eines Versicherers zu verhindern. Die Sicherungseinrichtung führt sie fort und saniert den Bestand. Reichen die vorhandenen Mittel dafür nicht aus, können bereits garantierte Versicherungsleistungen um bis zu fünf Prozent gekappt werden (§222 Satz 5 VAG).

Auch ein vorübergehendes Zahlungsverbot kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verhängen (§ 314 Satz 1 VAG). In diesem Fall hat die Aufsicht freie Hand, bereits garantierte Leistungen, selbst laufende Renten, entsprechend der verschlechterten Kapitalausstattung zu senken - und zwar nicht nur um bis zu fünf Prozent. Die Pflicht der Versicherungsnehmer, die Versicherungsentgelte in der vereinbarten bisherigen Höhe weiterzuzahlen, wird durch die Herabsetzung nicht berührt.

Für den Fall, daß ein Versicherer ins Schlingern gerät, wären Leistungskürzungen also keineswegs neu. Der BMF-Entwurf sieht Experten zufolge lediglich präzisere Verfahrensregeln vor. Ob Versicherer ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung im Ernstfall nachkommen können oder nicht, ist fraglich. Viele Lebensversicherer sind Vereine auf Gegenseitigkeit und können über das Geld ihrer Versicherten nicht ohne Weiteres verfügen, um Mittel bereitszustellen, falls das Vermögen von Protektor zur Rettung von Unternehmen nicht ausreicht.

Fazit : Je länger die Niedrigzinsphase andauert, desto problematischer wird die Situation für die deutschen Lebensversicherer. Stellen Sie Ihre bestehenden klassischen Lebens- und Rentenversicherung auf den Prüfstand, denn schlimmstenfalls drohen Vermögensverluste bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Fortzahlung der vereinbarten Versicherungsbeiträge.

Wir prüfen Ihre bestehenden Lebenspolicen und entwickeln mit Ihnen Handlungsalternativen. Rufen Sie uns unter 0800-342 5643 an.

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